Das Allgemeine Schiedsgericht der Börse von Buenos Aires hat eine neue Schiedsgerichtsordnung eingeführt, die am 1. März 2024 in Kraft tritt. Diese Änderungen sollen das Schiedsverfahren modernisieren, indem es unter anderem digitalisiert wird, um den Parteien eine effizientere Streitbeilegung zu ermöglichen. Die bereits bestehenden Vorteile des Schiedsverfahren im Vergleich zum gerichtlichen Verfahren sollen beibehalten werden. Die neue Schiedsgerichtsordnung berücksichtigt auch den internationalen Charakter von Schiedsverfahren und ergänzt das argentinische Gesetz 27.449 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (Amtsblatt vom 26. Juli 2018).
Einige der wichtigsten Neuerungen umfassen eine größere Gewähr für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter, die Möglichkeit, die Schiedsgerichtsordnung teilweise zu ändern, die Verlängerung von Fristen für Schriftsätze vor der Beweisaufnahme, die Möglichkeit, verschiedene einstweilige Maßnahmen zu beantragen, Rechtsmittel einzulegen und die Zustimmung der Parteien zu einem beschleunigten Schiedsverfahren.
Im Folgenden finden sie eine Aufzählung der nach unserer Ansicht wichtigsten Änderungen:
- Grundsätze der Schiedsgerichtsbarkeit: Die Schiedsgerichtsordnung beibehält die Grundsätze des rechtlichen Gehörs, Widerspruchs, Gleichheit und Schnelligkeit und ergänzt sie um weitere Prinzipien wie die Flexibilität der Formen, Verhältnismäßigkeit, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Offenlegungspflicht der Schiedsrichter, Zusammenarbeit der Parteien, Autonomie des Willens der Parteien sowie Treu und Glauben.
- Schiedsgerichtsvereinbarung: Die Schiedsgerichtsvereinbarung ermöglicht es den Parteien, Streitigkeiten freiwillig einem Schiedsverfahren zu unterwerfen, sofern die öffentliche Ordnung nicht beeinträchtigt wird. Sie muss schriftlich erfolgen und kann in verschiedenen Formen vorliegen, einschließlich schriftlicher Dokumente, elektronischer Kommunikation oder Vertragsbezügen auf Schiedsklauseln. Die Parteien können sich gemäß Artikel 6 der Schiedsgerichtsbarkeitsverordnung jederzeit auf ein Schiedsverfahren einigen, auch wenn bereits ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde, vorausgesetzt, dass keine Zwischenurteile oder Endurteile ergangen sind, die den zu erlassenden Schiedsspruch einschränken. Die Schiedsvereinbarung erstreckt sich gemäß Artikel 7 der Schiedsgerichtsbarkeitsverordnung auf Personen, die an der Aushandlung, dem Abschluss, der Durchführung oder der Beendigung des Vertrags beteiligt sind, sowie auf diejenigen, die aus dem Vertrag Rechte oder Vorteile ableiten sollen, sofern sie ordnungsgemäß zum Verfahren geladen wurden. Es bleiben jedoch Fragen zur Auslegung und Durchsetzung der Schiedsvereinbarung offen, insbesondere im Hinblick auf die Zustimmung Dritter zum Schiedsverfahren und die Rechte dieser Dritten. Die Anwendung von Treu und Glauben und das Recht auf einen natürlichen Richter könnten hierbei eine Rolle spielen und könnten sogar die Nichtigkeit des Schiedsspruchs beeinflussen. Es bedarf weiterer Klärung, wie solche Situationen gelöst werden und welche Auswirkungen sie auf die Wirksamkeit des Schiedsspruchs haben können.
- Whistleblowing und Finanzierung: Parteien müssen offenlegen, wer das Verfahren finanziell unterstützt, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Das Schiedsgericht kann die Offenlegung aller finanziellen Mittel verlangen. Zudem müssen sie das Team von Fachleuten benennen, um die Unparteilichkeit der Schiedsrichter sicherzustellen.
- Elektronische Anschrift: Parteien müssen eine elektronische Adresse angeben, um die Kommunikation zu erleichtern.
- Regeln des Schiedsverfahrens: Das Verfahren wird durch die Schiedsgerichtsordnung und Vereinbarungen der Parteien geregelt. Das argentinische Gesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit findet bei internationalen Verfahren Anwendung. Parteien können eine teilweise Änderung der Verfahrensregeln vorschlagen, sofern die Grundsätze von Artikel 3 der Schiedsgerichtsverordnung nicht verletzt werden.
- Vertraulichkeit: Vertraulichkeit ist für alle am Verfahren Beteiligten und für alle Dokumente und Beschlüsse erforderlich.
- Zustellungen: Die Schiedsgerichtsordnung sieht keine Zustellung an das Sekretariat (oder „ministerio legis“) vor, da Entscheidungen nun elektronisch an die Parteien gesendet werden können. Artikel 41 der Schiedsgerichtsverordnung erweitert die Arten von Entscheidungen (die Übermittlung von Einwendungen, die eine vorherige Bearbeitung erfordern, die Übermittlung neuer Tatsachen oder Unterlagen, die Festlegung der Punkte des Vergleichs und die Anordnung der Beweiseröffnung, die Übermittlung von Rechtsmitteln, die während des Verfahrens ergangenen Zwischenentscheidungen) die elektronisch direkt an die Parteien zugestellt werden können.
- Einreichung von Schriftsätzen: Die Formalitäten für die Einreichung von Schriftsätzen bleiben unverändert. Das Datum und die Uhrzeit der Einreichung in elektronischer Form gelten als Zeitpunkt der Anklageerhebung.
- Fristen: Die Frist für die Beantwortung der Anklageschrift beträgt nun fünf Börsentage, im Gegensatz zur früheren Frist von drei Tagen.
- Vorsorgliche Maßnahmen: Das Gericht kann vorläufige und dringende Maßnahmen zur Sicherung von Beweisen, Personen, Waren, Eigentum oder Rechten anordnen. Parteien können jedoch weiterhin bei Gericht einstweilige Maßnahmen beantragen, ohne das Schiedsverfahren aufzugeben. Die Voraussetzungen für den Erlass einstweiliger Verfügungen werden detailliert erläutert, wobei in internationalen Schiedsverfahren die Bestimmungen des Gesetzes 27.449 zu beachten sind.
- Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten: Alle Beschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sind anfechtbar, und die Berufung hat aufschiebende Wirkung. Berufungen müssen innerhalb von fünf Tagen nach Einreichung der Schriftsätze begründet werden.
- Fristen für die Beantwortung der Beschwerde: Die Frist für die Beantwortung der Beschwerde beträgt nun fünfzehn Börsentage, im Gegensatz zur vorherigen Frist von zehn Tagen.
- Benachrichtigung über die Zustellung der Klage: Die Zustellung der Klage wird in zwei Teile unterteilt, mit separaten Fristen für die Vorladung und die Ladung.
- Erklärung der Verteidigung: Wenn der Beklagte die Klage nicht bestreitet oder Einwendungen gegen das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung erhebt, kann das Schiedsverfahren, unbeschadet der Zulässigkeit oder Begründetheit dieser Einwendungen fortgesetzt werden, es sei denn, der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ist nicht vom Vorliegen einer solchen Schiedsvereinbarung überzeugt.
- Einreden der Parteien: Parteien haben das Recht, Einreden wie Unzuständigkeit oder vorherige Einreden geltend zu machen, was zu einer Hemmung der Fristen für die Verteidigung gegen die Klage oder die Widerklage führt.
- Recht auf Änderung: Parteien können ihre Klage oder Klagebeantwortung im Laufe des Verfahrens und vor der mündlichen Verhandlung ändern oder ergänzen, solange der Zusammenhang mit ihrem früheren Vorbringen gewahrt bleibt.
- Verfahren der Beweisaufnahme: Der Kanzler entscheidet über die Streitpunkte, legt Fristen fest und ordnet die Beweisaufnahme an. Eine mündliche Verhandlung findet statt, bei der Beweise durch eidesstattliche Erklärungen, Aussagen von Sachverständigen und mündliche Äußerungen der Parteien aufgenommen werden.
- Erklärung der Partei: Die mündliche Verhandlung beinhaltet auch den Geständnisbeweis, bei dem Parteien ihre Stellungnahme zur Sache abgeben können.
- Zeugenaussagen und Sachverständigenbeweise: Die Anzahl der Zeugen wird auf fünf begrenzt, kann aber nach Ermessen des Direktors erhöht werden. Sachverständige können auf Anordnung des Gerichts erscheinen, um ihr Gutachten zu bestätigen oder zusätzliche Informationen zu liefern.
- Informative Beweise: Parteien können amtliche Dokumente einreichen, die in anderen Gesetzen vorgesehen sind.
- Anhörung in der Sache: Der Vorsitzende führt die Verhandlung, Beweise werden aufgenommen, und Parteien haben das Recht, sich mündlich zur Sache zu äußern.
- Der Schiedsspruch: Das Gericht kann die Angelegenheit in einem einzigen Schiedsspruch oder durch Teilschiedssprüche entscheiden. Die Frist für den Schiedsspruch beträgt sechzig (60) Arbeitstage, im Gegensatz zur bisherigen Frist von dreißig Tagen.
- Einspruch gegen den Schiedsspruch: Die Einsprüche gegen den Schiedsspruch umfassen verschiedene Verfahren. Klärung muss innerhalb von fünf Werktagen nach Bekanntgabe des Schiedsspruchs erfolgen. Der Schiedsspruch des Richters ist normalerweise endgültig, außer im Falle eines Antrags auf Klärung. Im gerichtlichen Schiedsverfahren kann kein Rechtsmittel eingelegt werden, es sei denn, dies wurde in der Schiedsklausel vorgesehen, und die Frist für die Einlegung beträgt zehn Arbeitstage. Die Nichtigkeitsklage kann innerhalb von fünfzehn Börsenarbeitstagen eingereicht werden und umfasst neue Gründe wie Verfahrensfehler, Widersprüche und wesentliche Beeinträchtigung der Gleichheitsgarantien.
- Unanfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen: Nur Entscheidungen in bestimmten Fällen können angefochten werden, einschließlich der Anfechtung der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung, Unzuständigkeit und vorläufigen Einreden.
- Beschleunigte Schiedsgerichtsverfahren: Der Kläger kann in der Klageschrift ein beschleunigtes Verfahren beantragen, das vom Beklagten akzeptiert werden muss. Eine mündliche Verhandlung findet statt, um Kompromisspunkte und Beweismittel zu klären. Der Schiedsspruch muss innerhalb einer festgelegten Frist erlassen werden.
- Tarife und Gebühren: Es werden verschiedene Gebühren für Mediation, Schlichtung und Schiedsverfahren festgelegt, abhängig von der Art des Verfahrens und dem geltend gemachten Betrag. Rabatte können gewährt werden, und für Verfahren ohne Betrag setzt das BCBA-Präsidium die Gebühren fest.
Diese Regelungen der Schiedsgerichtsverordnung gelten automatisch für laufende Verfahren, sofern dadurch erworbene Rechte nicht beeinträchtigt werden.